Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>
<p>Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst</p>

Im Atelier von Anja Tchepets ©griffelkunst

<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>
<p>Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst</p>

Ausstellung von Peter Kogler im Kunstraum Seilerstraße ©griffelkunst

<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>

Jonathan Meese signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst

<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>
<p>Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst</p>

Aufbau der Ausstellung von Kai Schiemenz im Kunstraum Seilerstraße, Frühjahr 2012 ©griffelkunst

<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>
<p>Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst</p>

Stefan Marx in der Werkstatt Felix Bauer, Köln ©griffelkunst

Dieter Roth

E 462 Ohne Titel, ca. 1975/2010
zwei Lithographien aus dem Nachlass mit Umschlag und einem Text von Dirk Dobke
32,8 x 25,0 cm / 26,2 x 22,0 cm

Papierqualität: 350 g/qm Zerkall-Bütten
Drucker: Peter Loeding und Ellen Sturm, Hamburg

Die beiden hier vorgelegten, unbetitelten Lithographien von Dieter Roth darf man als einen editorischen Glücksfall ansehen. Mit ihnen gelingt es der Griffelkunst- Vereinigung zwölf Jahre nach dem Tod des Künstlers zwei bislang unbekannte Druckgraphiken zu veröffentlichen. Die von Roth bearbeiteten Lithographiesteine stammen aus dem Hamburger Dieter Roth Archiv und wurden vom Nachlass für diese einmalige Auflage freigegeben.

Entstanden sind sie bereits Mitte der siebziger Jahre in Roths Druckstudio in Braunschweig-Oelper. Roth hatte sich zur Zeit des internationalen Druckgraphik- Booms zur Gründung eines eigenen Druckstudios entschlossen, in dem ausschließlich seine eigenen Arbeiten und die von Künstlerfreunden produziert werden durften. So konnte er von fremden Druckern unabhängig direkt in der Werkstatt arbeiten und fühlte sich vor dem Ideenklau durch andere Künstler geschützt. Technisch auf dem neuesten Stand konnten alle gängigen drucktechnischen Verfahren parallel genutzt und miteinander kombiniert werden.

Wie in seinem gesamten Werk, interessierten Roth auch in der Graphik besonders die Grenzüberschreitungen der traditionellen künstlerischen Techniken. Immer wieder experimentierte er damit, wie das Druckmedium optimal zur Bildfindung einzusetzen sei. Nachdem er in den 60er Jahren seine druckgraphischen Techniken um ausgewalzte Pralinen („Rakete“), Salamischeiben zwischen farbigen Papieren („Kleiner Sonnenuntergang“) und „Käsepressungen“ erweitert hatte, besann er sich im Oelper-Studio wieder auf die klassischen Drucktechniken, die er jedoch häufig experimentell in sogenannten „Kombinationsdrucken“ miteinander verband. Roth schätzte die zeichnerische Unmittelbarkeit des Lithographierens, das er bereits als Schüler der Kunstgewerbeschule in Bern in den 1940er Jahren gelernt hatte, als der angehende Gebrauchsgraphiker Roth privat Unterricht bei Eugen Jordi nahm. Dort entstanden seine ersten freien druckgraphischen Arbeiten neben Zeichnungen und klassischen Öl- und Aquarellbildern. In den Jahren 1970 bis 1975 wurden allein im Oelper-Studio fast 200 graphische Blätter Dieter Roths, etliche davon in Unikatreihen, produziert, zu denen künftig auch diese beiden Motive gerechnet werden dürfen. Alle Druckstöcke wie Kupferplatten, Lithosteine, Filme und Vorlagen gingen später an die Dieter Roth Foundation nach Hamburg. Warum Roth die beiden jetzt erschienenen Motive seinerzeit nicht selbst verlegte, sondern die bearbeiteten Steine wie zwei eigenständige Kunstwerke verwahrte, bleibt offen. Die Steine waren bei ihrem Auffinden fast 35 Jahren alt, sodass eine höhere Auflage nicht mehr direkt von ihnen hätte gedruckt werden können, ohne Gefahr zu laufen, sie dabei zu zerstören. So bediente sich der Lithograph und Drucker Peter Loeding der Technik eines Transferverfahrens über ein spezielles Umdruckpapier, mit dem er von dem Originalstein, dem „Mutterstein“, den Tochterstein herstellte, um von diesem wiederum die Auflage zu drucken. Ein übliches Verfahren, dessen sich Künstler seit dem Impressionismus bis heute bedienen, indem sie ihre Zeichnung direkt auf das Umdruckpapier bringen, um davon den Lithographiestein erstellen zu lassen. Um diese Vorgehensweise zu dokumentieren, zeigt die Mappe zwei Photographien der originalen Steine.

Bei beiden Blättern lässt sich sehr anschaulich die Bildfindung unmittelbar auf dem Stein nachvollziehen. Beide wurden direkt, also ohne vorherige Skizzen oder Vorarbeiten, aber eben auch ohne nachträgliche Korrekturen, auf den Stein gezeichnet.
Das erste Motiv bleibt vage und ist inhaltlich nicht klar zu bestimmen. Es erscheint in seiner Ungegenständlichkeit offen, möglicherweise sogar offen für eine angedachte weitergehende spätere Bearbeitung. Am Bildrand notierte er im Stein lesbar „Rotr.“ für den wohl partiell verwendeten Stift der Firma „Rotring“, den er mit Lithotusche befüllte. Darüber erscheint spiegelbildlich – also auf dem späteren Abzug seitenrichtig lesbar – der orthographisch etwas abgeknickt wirkende Vermerk „IMPASSE“, was im Französischen für einen „Engpass“ oder eine „Sackgasse“ stehen kann, aber auch „etwas überspringen“ oder „etwas auslassen“ bedeuten kann. Es könnte sich bei diesen Angaben um technische Anmerkungen zum späteren Druck handeln, wie er das ähnlich bei anderen Graphiken vermerkt hat, oder sie könnten sich inhaltlich auf die Darstellung beziehen. Die Lithographie wirkt sehr spontan auf den Stein gezeichnet und bleibt skizzenhaft.
Das zweite Blatt wirkt kompositorisch deutlicher ausformuliert. Es zeigt ein Selbstporträt in für Roth typischer Weise mit kahlem Schädel, zweifach, über dem sich ein verworrenes und verknotetes Liniengewirr entspinnt. Der über den unteren Bildrand schauende Kopfansatz gibt der ungegenständlichen Komposition eine realistische Basis; vom Kopf des Künstlers scheint das Linienknäuel aufzusteigen, dessen Bedeutung sich jeder selbst erschließen darf.

Die Griffelkunst-Vereinigung Hamburg verlegte 1966 Dieter Roths allererste hohe Graphikauflage, der über die Zeit weitere folgten. Diese lebenslange Zusammenarbeit findet mit den vorliegenden beiden Blättern, seiner vermutlich letzten großen Edition, einen würdigen Abschluss. Sie erscheinen vom Sohn Björn Roth mit dem Dieter Roth Estate Stempel und seiner Unterschrift autorisiert.
Dr. Dirk Dobke, Dieter Roth Foundation

E 462 (1)
E 462 (2)

Dieter Roth

1930 geboren in Hannover
1998 gestorben in Basel

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