Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>
<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>
<p>Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst</p>

Druckstöcke und Andrucke von Birgit Brandis ©griffelkunst

<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>
<p>Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst</p>

Jenny Holzer Edition entsteht ©griffelkunst

<p>Bogomir Ecker signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Bogomir Ecker signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>
<p>Bogomir Ecker signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst</p>

Bogomir Ecker signiert in der Seilerstraße, Hamburg ©griffelkunst

<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>
<p>Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst</p>

Yvette Kießling bei der Arbeit an der Griffelkunst-Edition ©griffelkunst

<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>
<p>Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst</p>

Ruth May beim Aufbau der Ausstellung im Kunstraum Seilerstraße, Herbst 2011 ©griffelkunst

Heiner Binding

C-Reihe, 336. Wahl, IV. Quartal 2009
Farblithographien, 2009

1. ohne Titel
2. ohne Titel
3. ohne Titel
4. ohne Titel
5. ohne Titel
6. ohne Titel

Papierqualität: 190 g/qm Saunders Waterford
Drucker: Felix Bauer, Köln

griffelkunst: Sie sind Maler. Ihre Bilder wirken zunächst wie flüchtig hingeschriebene, zufällige Notizen. Steigt man jedoch in die Bildgestaltung ein, entdeckt man eine Vielzahl malerischer Details, die diesen Eindruck aufheben. Worauf kommt es Ihnen in der Malerei an?

Heiner Binding: Tatsächlich gibt es eine Gruppe von Bildern, die so gestaltet sind, dass Begriffe wie Flüchtigkeit oder Zufall nahe liegen. Dabei handelt es sich eher um Bildobjekte – Holzträger, zum Teil mit Stoffen überspannt – die wie Fundstücke aussehen sollen, wenngleich alles, was hier diesen Eindruck vermittelt, gerade nicht zufällig und schnell entstanden ist. Bei diesen Arbeiten geht es um forcierte Verschmutzungen, Gebrauchsspuren, auch Beschädigungen – also ablesbare Sedimente von Zeit – und um die Frage, wann etwas überhaupt als gestaltetes Objekt wahrgenommen wird, ab wann Farbe nicht mehr Gebrauchsfarbe, sondern „gemalte“ Farbe genannt werden kann.
Bei den Leinwandbildern dagegen gelingt es mir manchmal durch scheinbar zufällige und lapidare Berührungen der Fläche mit Farbe den Eindruck eines vollständigen Gemäldes hervorzurufen; aber das kann nicht immer glücken. Ich mag diese profane Beiläufigkeit und Leichtigkeit in Bildern, die den Blick durch ihre malerische Zurückhaltung umso mehr herausfordern.
Die Entwicklung der meisten Bilder dauert recht lang. Sie bedürfen einer vorsichtigen und sehr konzentrierten Begleitung, bis sie soweit sind, ein Eigenleben zu entfalten, das mir zuerst fremd ist – ähnlich der Entstehung eines Romans, bei dem die Figuren dem Autor irgendwann zu verstehen geben, wie sie handelnmöchten. Diese Bilder können über Wochen wie selbst gestellte Rätsel erscheinen. Der Betrachter wiederum kann sich in die Geschichte dieser Bilder hineinlesen: Indem er sie „rückwärts“ liest, kann er auf die ersten Schichten zurückschauen. Auch bei diesen Bildern geht es um die Erfahrung von Zeit, die sich in der Durchdringung der räumlichen Vernetzungen als visuelles Erlebnis anschaulich macht.
Ein Bild, mit dem von vorneherein etwas bewiesen werden soll, ist immer nur das Ergebnis eines zufriedenen Denkens. Schon bevor die Malerei beginnt, ist bei diesen Bildern bereits ausgemacht, welche Wahrheit gezeigt werden soll. Ich finde Bilder interessanter, die mich nicht überreden, sondern überraschen – sozusagen allmählich überraschen.

griffelkunst: Wie haben Sie Ihre Malerei in die Lithographie übersetzt?

Heiner Binding: Ich habe meine Malerei gar nicht in die Lithographie übersetzt, weil das nicht geht. Natürlich kann ich Chiffren übernehmen, Formen, die mich auch in der Malerei interessieren. Da gibt es eindeutige Verwandtschaften. Meine Malerei ist sehr räumlich und die Farben sind oft stark miteinander verwoben. Die Lithographie funktioniert in eigener Weise, sie ist eher flächig. Trotzdem lassen sich im Steindruck erstaunliche, durchaus malerische Wirkungen und Valeurs erzielen. Da ist dann auch der Drucker gefordert. In der Lithographie muss ja für jede Farbe ein neuer Stein bearbeitet werden, deshalb bedarf es eines konzeptuellen Vorgehens. Da meine Arbeiten oft poetische, scheinbar beiläufige Aspekte haben, erzeugt gerade diese für mich ungewohnte Vorgehensweise eine positive Spannung. Das führt zu einer eigenen Qualität, die mich zunehmend interessiert.

griffelkunst: Entstanden ist eine Serie von sechs komplexen Farblithographien. Wie haben Sie die Serie entwickelt und inwieweit beziehen sich die Drucke aufeinander?

Heiner Binding: Die Serie habe ich über Aquarellskizzen entwickelt. Das hat ein paar Wochen gedauert, denn es sollte jedes Einzelblatt für sich, aber auch die Reihe als Ganzes funktionieren. Für die sechs Blätter sind sicher fünfzig bis sechzig Skizzen als Vorarbeiten entstanden, die nun zum Teil auch für sich stehen können. Das war eine Phase des Improvisierens und Suchens. Also auch hier ist das, was nun so beiläufig, vielleicht auch leicht erscheinen mag, das Ergebnis eines längeren Prozesses. Die sechs Lithographien haben sich zu einem offenen System gefügt, in dem jedes Einzelblatt seinen Platz und seine Aufgabe hat. Die Blätter stellen auf vielfältige Weise Beziehungen zueinander her. Es gibt etwas sperrigere Blätter, die der Gesamtserie gut tun, offenere und dichtere Flächengliederungen, Farbverwandtschaften und leichte Farbabweichungen, die ich recht genau – mit wenigen Veränderungen – von den Skizzen in die Lithographien übertragen habe. Zusammengehalten wird die Serie über die Vertikal- und Horizontalbeziehungen und die Farbentsprechungen.
Die Blätter gefallen mir als Lithographien besser als die meisten Vorarbeiten, weil die Farbe hier klarer steht und die Setzungen entschiedener sind. Die Platzierung der Blätter innerhalb der Serie hat sich während der Entstehung immer wieder verändert und wurde auch zum Schluss noch einmal überdacht. Die Abfolge, die nun zu sehen ist, ist genau so für mich richtig.

griffelkunst: In der Edition arbeiten Sie mit horizontalen und vertikalen Strukturen, die den Bildraum gliedern. Sind das eher spontane Setzungen oder ein durchdachtes System?

Heiner Binding: Es handelt sich um eine Mischung aus Spontaneität und durchdachtem System. In meinen Bildern geht es nicht in erster Linie um Ordnung, auch wenn diese im Hintergrund immer spürbar bleibt. So sind die Kompositionen sehr oft im Verhältnis zum Format verschoben, die Lineaturen schwingen, bewegen sich zueinander und voneinander weg, schaffen Räume, rhythmisieren die Fläche und entwickeln etwas Musikalisches, das aber nicht selten disharmonisch ist, also mit Brüchen, Tempowechseln und Dissonanzen einhergeht. Die Horizontal- und Vertikalgliederungen, auf die Mondrian so entschieden hingewiesen hat, sind in meinen Bildern manchmal stärker ausgeprägt, manchmal nur angedeutet. Sie bilden den Fond, auf dem sich die Bewegungen in den Bildern entfalten können, ohne den Halt zu verlieren.
Die Vertikal- und Horizontalbeziehungen wiederholen das Bildformat, das ja eine materielle Gegebenheit ist, und führen es nach innen auf die gemalte Fläche. Damit wird die Faktizität des Bildes, seine Objekthaftigkeit, Bestandteil des Gemäldes, das zugleich aber auch eine räumliche Illusion erzeugt. Um eben diese Spannung geht es in der Malerei.

griffelkunst: In Ihren Lithographien verwenden Sie eine sehr reduzierte Farbpalette. Wie setzen Sie Farbe ein?

Heiner Binding: Aus dem bereits Gesagten ergibt sich, dass die Farbe in der Malerei natürlich eine andere Erscheinungsweise und andere Ausdrucksmöglichkeiten hat, als die Farbe in der Lithographie. Aber auch Acrylfarbe verhält sich ja anders als Aquarellfarbe. An der Lithographie finde ich interessant, dass die Farbe sehr klar gesetzt werden muss, dass sie flächiger wirkt etc. Mit diesen Eigenheiten gehe ich um. Ich setze Farbe emotional und formal ein. Dieses nur scheinbare Paradox zu erklären, wird mir in der Kürze wohl nicht gelingen.

griffelkunst: Gibt es Künstler, die Ihnen gerade in Bezug auf die von Ihnen gewählte Farbpalette wichtig sind?

Heiner Binding: Bonnard, Matisse, Marden, Palermo, ... und Warhol.
(E-Mail-Interview mit Heiner Binding, August 2009)

336 C1
336 C2
336 C3
336 C4
336 C5
336 C6

Heiner Binding

1958 geboren in Tuttlingen

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